PD Dr.-Ing. Marianne Karpenstein-Machan

Prof. Dr. rer. nat. Peter Schmuck

 

 

 

 
                                        

Institut für Nachhaltigkeit und Umweltpolitik der UMC Potsdam

 
Grob-Abschätzung von Biogaspotentialen im Landkreis Oberhavel

 

 

Auftraggeber:

Fraktion Bündnis90/Die Grünen des

Landkreises Oberhavel

 

Berlin und Göttingen, im April 2008

 
Bearbeitung:

 

 

 

 

Prof. Dr. rer. nat. Peter Schmuck

             Institut für Nachhaltigkeit und Umweltpolitik der UMC Potsdam

Weinbergstr. 20

14469 Potsdam

 

PD Dr.- Ing. Marianne Karpenstein-Machan

Energie und Ressourcen in der Landwirtschaft (ERL)

Birkenweg 1g

34355 Staufenberg

 

Tel: 05543 – 3885

Mobil: 0172 56 355 16

Email: mkarpen@gwdg.de

Email: peterschmuck@gmx.de

 

 

 

 

 

 


INhalt          

 

1      Einleitung. 4

1.1       Veranlassung. 4

1.2       Anliegen.. 5

1.3       Ausgangsdaten.. 6

2      Status quo der Biomassebereitstellung für Biogasanlagen aus der Landwirtschaft 7

2.1       Landwirtschaftliche Rahmenbedingungen im Landkreis Oberhavel 7

2.2       Ressourcenbedarf der bereits vorhandenen Biogasanlagen.. 9

2.3       Berechnungen der freien Potenziale für weitere Biogasanlagen im Landkreis Oberhavel 11

2.4       Kartografische Darstellung der umgesetzten und freien Biogaspotenziale im Landkreis Oberhavel 12

3      Empfehlungen.. 14

3.1       Prüfung der Wärmekonzepte bestehender Biogasanlagen.. 14

3.2       Prüfung der verbesserten Nutzung vorhandener Wirtschaftsdünger 15

3.3       Erwägungen über die Implementierung weitere Biogasanlagen.. 16

3.4       Zusammenfassung der Empfehlungen und Ausblick. 17

4      Literatur: 19

5      Anhang. 20

5.1       Abbildungsverzeichnis. 20

5.2       Tabellenverzeichnis. 20

6      Anlagen.. 21

7      Karte. 22

 

 

 

1    Einleitung

1.1    Veranlassung

 

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen des Landkreises Oberhavel hat die Autoren beauftragt, die theoretischen Potentiale an Biomasse für eine Biogasnutzung im Landkreis Oberhavel für eine kommunale Nutzung abzuschätzen.

 

Hintergrund ist das begründete Interesse, angesichts steigender Preise für fossile Energieträger und der Klimafolgeprobleme bei energetischer Nutzung fossiler Ressourcen, in geeigneten Orten des Landkreises Oberhavel Bioenergieprojekte auf den Weg bringen, um damit auch die wirtschaftliche Attraktivität des Landkreises  Oberhavel zu erhöhen. Dabei sind für die Auftraggeber insbesondere kommunale Konzepte wie z. B. das Bioenergiedorfkonzept interessant.

Da es bereits eine Vielzahl von Biogasanlagen im Landkreis Oberhavel gibt, ergab sich die Frage, ob überhaupt noch genügend landwirtschaftliche Flächen für kommunale Nutzungen vorhanden sind. Des Weiteren stellte sich die Frage, ob nicht die Wärme aus bestehenden Biogasanlagen für kommunale Nutzungen einsetzbar wäre, um damit die energetische Effizienz der bestehenden Anlagen zu erhöhen.  

 

Die Auftragnehmer, das ERL Stauffenberg und das INU Potsdam sind aus dem Bioenergieteam des Interdisziplinären Zentrums für Nachhaltige Entwicklung der Universität Göttingen (IZNE) hervorgegangen. Das Team hat federführend das erste Bioenergiedorf Deutschlands strategisch konzipiert und auf den Weg gebracht und begleitet dieses seit 2005 technisch realisierte Projekt mit wissenschaftlichen Begleituntersuchungen. Im Landkreis Göttingen ist zurzeit die Umstellung weiterer Dörfer auf Bioenergie in Planung.

 

Im Landkreis Oberhavel gibt es für solche oder ähnliche Bioenergieprojekte im Prinzip die dafür notwendigen land- und forstwirtschaftlichen Flächen (ca. 77 500 ha bzw. ca 71 000 ha). Diese Ausgangslage bietet vielfältige Möglichkeiten zum Einsatz von Biomasse als Energieträger und zur Nutzung moderner Technologien für die Umwandlung von Biomasse in Strom, Wärme, Kälte und Kraftstoffe.

 

Aufbauend auf diesen Erkenntnissen sollen ortsangepasste und richtungsweisende Leitprojekte identifiziert werden, die einen Beitrag zur zukunftsfähigen Energieversorgung im Landkreis Oberhavel liefern.

 

1.2    Anliegen

 

Die Bioenergienutzung kann zum Wirtschaftsmotor einer Region werden - durch

 

Die vorliegende Grobabschätzung soll in erster Annäherung aufzeigen, wo und in welcher Menge im Landkreis Oberhavel regional verfügbare Ressourcen an pflanzlicher Biomasse sowie Gülle vorhanden sind, welche landwirtschaftlichen Potenziale bereits durch vorhandene Biogasanlagen gebunden sind und wie die Nachfrage nach Energieressourcen mit dem Angebot in Einklang gebracht werden könnte.

 

Die Abschätzung der theoretischen Potentiale für den Landkreis Oberhavel kann aufgrund des gegebenen Auftragsvolumens nur als erste Annäherung auf der Grundlage der von den Auftraggebern zur Verfügung gestellten Daten (s. Anhang) aus dem Landkreis Oberhavel betrachtet werden. Will der Landkreis den eingeschlagenen Weg der kommunalen Bioenergienutzung weiter verfolgen, sind regionale Detailstudien und im Weiteren die Einbeziehung der Akteure in der Region erforderlich, um konkrete Zahlen zur tatsächlichen Flächenbereitstellung zu erhalten. Darüber hinaus ist die Bereitschaft der Bevölkerung zur Nutzung eines kommunalen Energieangebotes zu erfragen und gegebenenfalls zu unterstützen.

 

Im Rahmen dieser Grobabschätzung werden vorläufige zusammenfassende Empfehlungen gegeben und erste Betrachtungen für eine Gesamtplanung betreffend der Zahl an Biogasanlagen im Landkreis vorgestellt.

 

Darüber hinaus werden strategische Empfehlungen für weitere Entwicklungsleitlinien abgeleitet.

 

 

1.3    Ausgangsdaten

 

Folgende Unterlagen dienen als Basis der vorliegenden Abschätzung:

 

 

 

 

 

2    Status quo der Biomassebereitstellung für Biogasanlagen aus der Landwirtschaft

2.1    Landwirtschaftliche Rahmenbedingungen im Landkreis Oberhavel

 

Der Landkreis Oberhavel besitzt große Potenziale an land- und forstwirtschaftlichen Flächen. 43 % der Landkreisfläche werden landwirtschaftlich und 40 % der Fläche forstlich genutzt (Abbildung 1). Insbesondere die forstlichen Potenziale liegen mit 40 % deutlich über dem Bundesdurchschnitt (31%).

 

Abbildung 1: Aufteilung der Nutzung der Landkreisfläche Oberhavel in Prozent (Quelle: statistisches Jahrbuch 2006, vom AG bereitgestellt)

 

Die landwirtschaftliche Nutzfläche teilt sich auf in ca. zwei Drittel Ackerland und ein Drittel Grünland. Als Ackerland stehen 47.708 ha und als Grünland 23.153 ha im Landkreis Oberhavel zur Verfügung (Abbildung 2).

 

Abbildung 2: Aufteilung der Nutzung der landwirtschaftlichen Fläche im Landkreis Oberhavel (Quelle: statistisches Jahrbuch 2006, vom AG bereitgestellt)

 

 

Tabelle 1: Größenstruktur landwirtschaftlicher Betriebe lt. Angaben aus der Agrarförderung 2006 (Quelle: statistisches Jahrbuch 2006, vom AG bereitgestellt)

 

Größenklasse

Anzahl der
Betriebe

Anteil an der
Zahl der Betriebe

Anteil an der
bewirtschafteten Fläche

Anteil an der
bewirtschafteten Fläche

 

Anzahl

%

ha

%

bis 10 ha

117

28,33

559

0,81

10,1 bis 50 ha

119

28,81

3.008

4,36

50,1 bis 100 ha

51

12,35

3.732

5,40

100,1 bis 500 ha

88

21,31

19.589

28,37

über 500 ha

38

9,20

42.157

61,06

insgesamt

413

100,00

69.045

100,00

Durchschnittliche Betriebsgröße in ha Landkreis Oberhavel

167

 

Durchschnittliche Betriebsgröße in ha in Deutschland

46

 

 

Tabelle 1 zeigt die Größenstruktur der landwirtschaftlichen Betriebe im Landkreis Oberhavel. Ca. 9 Prozent der Betriebe bewirtschaften mehr als 500 ha und damit 61 % der landwirtschaftlichen Flächen im Landkreis.  Die durchschnittliche Betriebsgröße liegt bei 167 ha und damit deutlich höher als der Bundesdurchschnitt  (46 ha).

Tabelle 2 zeigt die Erträge ausgewählter Kulturen im Landkreis Oberhavel im Vergleich zum Bundesdurchschnitt. Hier wird deutlich, das die Ertragssituation im Landkreis auf Grund der geringen natürlichen Bodenfruchtbarkeit der Standorte besonders bei Getreide (C3-Kulturen) und Kartoffeln weit unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Silomais und Raps fallen nicht so deutlich ab. Hier kommen dem Mais die klimatischen Vorzüge der nordöstlichen Regionen, sowie die schnelle Bodenerwärmung im Frühjahr auf den leichten Sandböden zu Gute und bei Raps die relative Anspruchslosigkeit an den Standort.

 

 

Tabelle 2: Erträge ausgewählter Kulturen in dt/ha im Landkreis Oberhavel (Quelle: statistisches Jahrbuch 2006, vom AG bereitgestellt) und der Bundesrepublik Deutschland  (Quelle: ZMP, DMK und www.bmelv-statistik.de)

 

 

Erträge in dt/ha Landkreis Oberhavel

Erträge in dt/ha Bundesrep. Deutschland

Erträge Oberhavel in % vom Bundesdurchschnitt

Kultur

 Jahr 2006

 Jahr 2006

 

Getreide ohne Körnermais und CCM 

37,9

64,9

58,4

Silomais

271,5

394,0

68,9

Winterraps und Rübsen

28,1

37,6

74,7

Sonnenblumen

12,8

 

 

Kartoffeln

194,2

365,7

53,1

Wiesen und Weiden

49,4

 

 

 

2.2    Ressourcenbedarf der bereits vorhandenen Biogasanlagen

 

In Tabelle 3 sind die Biogasanlagen aufgelistet, die im Landkreis Oberhavel bereits im Betrieb bzw. im Bau oder im Genehmigungsverfahren sind. Aus der Tabelle geht auch hervor, welche elektrische Leistung die Blockheizkraftwerke der Anlagen haben und welche Flächenressourcen (Energiepflanzen) und Gülle sie beanspruchen. Durch die bereits umgesetzten Anlagen mit einer Summe von  8,2 MW elektrische Leistung können ca. 57.400 Mio. kWh Strom und ca. 73.800 Mio. kWh Wärme produziert werden.  Dafür werden landwirtschaftliche Flächen von ca. 6745 ha benötigt  und ca. 76.103 m3 Gülle eingesetzt. Der aus den Daten berechnete Flächenbedarf pro kW installierte elektrische Leistung beträgt 0,8 ha. Dieser recht hohe Flächenbedarf pro kW lässt sich nicht nur durch die geringere Flächenproduktivität sondern auch durch den Einsatz von Getreidekorn erklären, der mit 18 % Anteil an den Nawaros recht hoch liegt.

Bei einem Flächenbedarf von 6.547 ha werden 9,2 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) für das Betreiben der Biogasanlagen benötigt.

 

Tabelle 3: Biogasanlagen im Landkreis Oberhavel, elektrische Leistungen in kW und Inputmengen in t Frischmasse/Jahr (Datengrundlage: nach Auftraggeber, verändert)

 

 

 

 

 

 

Maissilage

Getreidekorn

GPS/Gras

Gülle

 

 

Ort

Status

Anlagen-größe
in kW

t Frisch-masse/Jahr

t Frisch-masse/Jahr

t Frisch-masse/Jahr

m3 pro Jahr

Fläche in ha /kW

Fläche
gesamt in ha

Zehdenick

in Betrieb
 tw.  Erweiterung

540

5.220

730

2.957

 

0,8

444

Hohenbruch

in Betrieb

500

8.870

365

1.241

 

0,8

417

Schwante 1

in Betrieb

500

4.380

1.095

0

5.475

0,6

324

Schwante 2

in Betrieb

500

4.380

1.095

0

5.475

0,6

324

Neuholland

in Betrieb

500

4.563

913

0

5.475

0,8

380

Falkenthal

in Betrieb

500

5.475

986

0

9.855

0,8

402

Altlüdersdorf

in Betrieb

480

5.475

1.095

0

13.140

1,0

493

Rauschendorf

genehmigt

500

0

2.920

0

1.095

0,9

472

Kreuzbruch

im Bau

190

2.190

110

730

2.373

0,7

130

Beetz

genehmigt

500

1.351

986

4.380

 

1,0

479

Häsen

im Bau

500

7.300

292

1.460

5.840

0,8

377

Liebenwalde

im Bau

500

4.380

1.095

0

5.475

0,7

325

Schmachtenhagen

geplant

1.000

8.760

2.190

0

10.950

0,7

650

Schulzendorf

geplant

500

4.745

3.285

 

 

1,4

680

Kremmen

geplant

1.000

8.760

2.190

0

10.950

0,7

650

Summe

 15 Anlagen

8.210

75.847

19.345

10.768

76.103

 

6.547

Mittelwert

 

547

 

 

 

 

0,8

 

 

 

2.3    Berechnungen der freien Potenziale für weitere Biogasanlagen im Landkreis Oberhavel

Laut einer Studie des Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg (MLUV 2006), in der die Potenziale an verfügbarer Silage und anfallender Gülle (aus Rinder- und Schweinebetrieben) in allen Landkreisen Brandenburgs berechnet wurden, reicht das in Oberhavel vorhandene Potenzial aus, um ca. 26 Biogasanlagen a` 500 kWel zu betreiben. Hierbei geht man von einem Potenzial von 197.000 t Silage (Roggen- und Maissilage) und 332.409 m3 Gülle aus. Auf der Grundlage der Potenzial-berechnungen des MLUV ergeben sich damit für den Landkreis Oberhavel nach Abzug der bereits in Betrieb oder Planung befindlichen Anlagen noch freie Potenziale für 11 Anlagen  a` 500 kW.  Unter Berücksichtigung des Flächenbedarfs und des Gülleeinsatzes der bereits umgesetzten Anlagen würden hierfür ca. 3820 ha LN erforderlich sein (s. Tabelle 4). Der Flächenbedarf der weiteren Anlagen würde sich um ca. 500 ha reduzieren (auf ca. 3353 ha), wenn kein Getreidekorn, sondern nur Ganzpflanzensilage, wie in der Studie des MLUV kalkuliert wurde, eingesetzt wird. 

Erwähnenswert ist, das von dem vorhandenden Güllepotenzial zurzeit nur 23 %  (76.103 m3) vergoren werden.

 

Tabelle 4: Berechnungen der für weitere Biogasanlagen freien Potenziale an Flächen und Gülle

Durchschnittl. Anzahl Anlagen möglich lt. Studie des MLUV für LK Oberhavel (2006)

26 Anlagen (a 500 kW)

13.000

kW

 

Potenzial NAWARO

197.000

 

t FM

 

Potenzial  Gülle (Rind, Schwein)

332.409

 

t

 

 

 

 

 

 

 

Bereits umgesetzt bzw. in Planung

15

8.210

kW

 

durchschnittl. Größe

 

547

 

kW

 

Flächenbelegung (Mais, Getreide,GPS)

6.789

 

ha

 

Einsatz Tonnen NAWARO

105.960

 

t FM

 

Güllevergärung

 

76.103

 

m3=Tonnen

 

 

 

 

 

 

 

Freie Potenziale

 

 

 

 

 

Anlagen Anzahl und kW

11

4.790

kW

 

Nawaro

 

120.898

 

t FM

 

Gülle

 

256.307

 

m3=Tonnen

 

Flächenbedarf bei ca. 0,8 ha/kW

3.820

 

ha

 

2.4    Kartografische Darstellung der umgesetzten und freien Biogaspotenziale im Landkreis Oberhavel

 

Abbildung 3 zeigt eine Karte des Landkreises Oberhavel in der die Lage der bereits gebauten und in Planung befindlichen Biogasanlagen eingezeichnet ist. Um die Anlagen herum ist ein Radius von 3 km (2826 ha) gezogen, der in etwa den Einzugsbereich für Nawaros und Gülle kennzeichnet. Darüber hinaus sind die viehstarken Betriebe mit mehr als 500 Rindern und mehr als 1000 Schweinen in die Karte eingetragen. Die Anlagen, die farblich schwächer eingezeichnet sind und deren Radius durchbrochen skizziert ist, stellen potenzielle Standorte dar, die sich sowohl durch (potenziell) noch freie (nicht durch Biogasanlagen genutzte) landwirtschaftliche Flächen, als auch durch die Nähe zu Betrieben mit Wirtschaftsdüngern und darüber hinaus auch zu potenziellen Abnehmern der Wärme (Dörfer) auszeichnen.

 

 

 

Abbildung 3: Kartografische Darstellung der umgesetzten und evtl. noch freien Potenziale für weitere Biogasanlagen

3    Empfehlungen

3.1    Prüfung der Wärmekonzepte bestehender Biogasanlagen

 

Zunächst wird empfohlen, die Wärmenutzungskonzepte der bereits bestehenden Biogasanlagen auf Optimierungsmöglichkeiten zu überprüfen. Von den in Deutschland zur Zeit betriebenen Biogasanlagen ist bekannt, dass ein Großteil dieser Anlagen die im Gasverbrennungsprozess entstehende Wärme nur zu einem kleinen Anteil nutzt, nämlich für die Beheizung der Fermenter und evtl. noch für die Beheizung des Wohnhauses des Betreibers. Der größere Teil der Wärme wird bei vielen Anlagen nicht genutzt, womit ein großes Potential der in den Rohstoffen befindlichen Energie ungenutzt bleibt.

Für die in Oberhavel zurzeit betriebenen Biogasanlagen ist nach Auskunft vom MLUV (Anlage 2) für 4 Anlagen derzeit eine Wärmenutzung, die über den betriebsinternen Bedarf hinausgeht, geplant oder in Betrieb:

 

·         Spradau GmbH Zehdenick

·         SL Gartenbau GmbH Vehlefanz

·         LSV Landwirtschafts GmbH Vehlefanz

·         Regenerative Energien GmbH Falkenthal

 

Für diese Anlagen und insbesondere für die nicht genannten bereits in Betrieb befindlichen Anlagen kann empfohlen werden, die Menge der genutzten Wärme zur Menge der anfallenden Wärme in Beziehung zu setzen, um das verbleibende Wärmenutzungspotential für jede einzelne Anlage zu ermitteln.

Sollten sich substantielle Beträge bei einzelnen Anlagen ergeben, kann in einem weiteren Schritt über mögliche Wärmenutzungskonzepte reflektiert werden.

Bei Anlagen, die sich in der Nähe von städtisch geprägten Siedlungsstrukturen befinden (Liebenwalde, Vehlefanz, Zehdenick, Kremmen) kann man prüfen, ob sich potentielle Wärmeabnehmer wie etwa Plattenbaugebäude für Wohnzwecke oder kommunal genutzte oder gewerbliche Gebäude mit hohem Wärmebedarf in unmittelbarer Nähe befinden.

Bei Anlagen, die sich in der Nähe dörflicher Siedlungsstrukturen befinden (Beetz, Hohenbruch, Neuholland, Kreuzbruch, Falkenthal, Bergsdorf, Häsen, Altlüdersdorf, Rauschendorf, Schulzendorf) kann man darüber hinaus in Erwägung ziehen, ob ein Nahwärmenetz zur Versorgung der im Dorf lebenden Menschen mit Wärmeenergie nach dem Jühnder Konzept technisch in Frage kommt und von den gegebenen sozialen Bedingungen her machbar scheint. Dies wäre für jedes der in Frage kommenden Dörfer in separaten Studien zu überprüfen. So weit noch nicht geschehen, sollte auch die Einspeisung von Wärme in evtl. bereits vorhandene Nahwärmenetze im Landkreis geprüft werden, bzw. bei der Planung von Neuanlagen berücksichtigt werden.  Sind Nahwärmenetze in städtischen Bereichen zu finden, wäre auch die Möglichkeit gegeben, die Biogasanlage im ländlichen Raum zu bauen und die eigentliche Strom- und Wärmeproduktion im BHKW am Stadtrand vorzunehmen. Über eine Gasleitung könnten dann beide Gewerke verbunden werden. Dies hat den Vorteil, dass Energiepflanzenanbau und Biomasseanlieferungen in der ländlichen Region verbleiben, die anfallende Wärme jedoch nah am Wärmekunden produziert wird.

   

3.2      Prüfung der verbesserten Nutzung vorhandener Wirtschaftsdünger

 

Nach den vorliegenden Unterlagen gibt es im Landkreis Oberhavel substantielle Mengen an Wirtschaftsdünger (ca. 256.000 m3), die noch nicht energetisch verwertet werden. Lediglich 23 % der vorhandenen Gülle werden energetisch genutzt. Damit sind wesentliche Potenziale noch unausgeschöpft. Insbesondere wenn, wie aktuell, der Bezug von Energiepflanzen mit hohen Kosten verbunden ist, sollte über eine verstärkte Güllevergärung nachgedacht werden. Es bietet sich an, für die energetische Nutzung dieses Potentials zusätzlich zu den bestehenden Biogasanlagen weitere in Betracht zu ziehen. Die Vorteile der Güllevergärung sind neben den verminderten Gerüchen bei der Ausbringung vergorener Gülle auch die erhöhte Prozessstabilität, wenn Gülle im Mix mit Nawaros in der Biogasanlage vergoren wird.

 

3.3    Erwägungen über die Implementierung weitere Biogasanlagen

Zwei Argumentationslinien sprechen für die Möglichkeit einer Erweiterung der Anzahl der im Moment bestehenden bzw. geplanten 15 Biogasanlagen.

Zum einen kommt die genannte theoretische Abschätzung des Biogaspotentials im Landkreis (Leitfaden „Biogas in der Landwirtschaft im Land Brandenburg“, MLUV 2006) aufgrund des jährlichen Biomasseaufkommens zu der Folgerung, dass im Landkreis Oberhavel 26 Biogasanlagen mit je 500 kW elektrischer Leistung möglich sind.

 

Zum anderen kommen die Autoren mit einem alternativen Ansatz zu dem Ergebnis, dass mindestens weitere 7 Biogasanlagen im Landkreis, welche die Gesamtanzahl von Biogasanlagen auf 22 erhöhen würden, möglich wären. Bei diesem einfachen Ansatz geht man von den verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzflächen aus und setzt als Prämisse, dass die in der Anlage verwertete pflanzliche Biomasse nicht weiter als 3 km transportiert werden sollte (aus ökonomischen und ökologischen Erwägungen heraus). Dies lässt sich ebenfalls vereinbaren mit konkurrierenden Nutzungen, da ein Kreis von 6 km 2827 ha umfasst, in dem die für eine 500 kWel Biogasanlage benötigte Fläche von ca. 400 ha (bei 0,8 ha pro kW) genügend Raum für andere Nutzungen lässt. Zieht man nach dieser Annahme um die bestehenden und geplanten Anlagen einen Kreis mit jeweils 6 km Durchmesser, welcher also grob das ökonomisch und ökologisch sinnvolle Einzugsgebiet einer Biogasanlage mit 500 kWel markiert, zeigt sich, in welchen Gebieten des Landkreises landwirtschaftliche Nutzflächen liegen, welche für weitere Biogasanlagen Pflanzensubstrat liefern könnten (vgl. Abb. 3; Ackerland und Grünland werden im Rahmen der Grobabschätzung nicht differenziert betrachtet).

Es handelt sich um zusammenhängende Flächen im Umfeld der folgenden Ortschaften: 

Ø  Neutornow, Blumenow, Barsdorf

Ø  Großwoltersdorf, Zernikow

Ø  Badingen                                         (Schweinehaltungsbetrieb)

Ø  Gross-Mutz                                      (Rinderhaltungsbetrieb)

Ø  Löwenberg                                       (2 Rinderhaltungsbetriebe)

Ø  Grüneberg

Ø  Flatow

 

Die genannten Regionen, in denen Wirtschaftsdünger anfallen, eignen sich in besonderer Weise für die Errichtung einer Biogasanlage, wenn der Wirtschaftsdünger bislang nicht energetisch verwertet wird.

Darüber hinaus sollten Neuanlagen nur in Fällen in Betracht gezogen werden, wenn neben der Verfügbarkeit lokal produzierter Biomasse auch die energetische Verwertung der Wärme in kommunalem oder gewerblichem Kontext sichergestellt werden kann, wenn z.B. die Anlage in der Nähe von Wohnsiedlungen mit Wärmebedarf platziert werden kann.

 

3.4      Zusammenfassung der Empfehlungen und Ausblick

 

Führt man die genannten Betrachtungen zusammen, kann man folgende nach Prioritäten geordneten Empfehlungen ableiten:

 

1.    Analyse der Ausschöpfung der Wärmepotentiale der bestehenden und geplanten 15 Biogasanlagen im Landkreis und Erarbeitung von Vorschlägen zur Nutzung nicht genutzter Wärmepotentiale im Rahmen kommunaler und/oder gewerblicher Kontexte

2.    Prüfung der Möglichkeit weiterer Biogasanlagen unter simultaner Berücksichtigung  (1) des Vorhandenseins von energetisch bislang nicht genutztem Wirtschaftsdünger, (2) von Flächenpotentialen für Energiepflanzenanbau, (3) von möglichen Wärmenutzungskonzepten und (4) von sozialen Voraussetzungen (gibt es Landwirte und kommunale Akteure, die solche Vorhaben umsetzen wollen?)

3.    Zusammenführen von landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Bioenergie-Nutzungsplanungen im kommunalen und gewerblichen Kontext

4.    Zusammenführen von Bioenergie-Anlagen und anderen Erneuerbare-Energie-Anlagen (z.B. Solar, Wind, Geothermie) im kommunalen und gewerblichen Kontext

 

Um im Sinne der gegebenen Empfehlungen voranzukommen, empfehlen sich nach unseren Erfahrungen Planungswerkstätten mit externer Moderation, bei der die für einzelne Projektideen maßgeblichen Entscheidungsträger in partizipativem Miteinander regionale  Strategien für das weitere Vorgehen erarbeiten und umsetzen.

Eine hervorragende Chance, um diesen Prozess zu unterstützen, bietet eine Förderung der notwendigen Netzwerkbildungs-Aktivitäten im Rahmen des Bioenergie-Regionen Programms der Bundesregierung.  Um die Chance auf eine entsprechende Förderung von 400 000 Euro für drei Jahre ab 2009 zu haben, sind bis Ende Juni entsprechende Projektskizzen einzureichen.

 

 

 

 

4    Literatur:

Biogas in der Landwirtschaft. Leitfaden für Landwirte und Investoren im Land Brandenburg. MLUV 2006.

Internetübersicht „Oberhavel - Landwirtschaft in Zahlen“ (www.oberhavel.de)

 

 

5    Anhang

 

5.1    Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aufteilung der Nutzung der Landkreisfläche Oberhavel in Prozent (Quelle: statistisches Jahrbuch 2006, vom AG bereitgestellt) 7

Abbildung 2: Aufteilung der Nutzung der landwirtschaftlichen Fläche im Landkreis Oberhavel (Quelle: statistisches Jahrbuch 2006, vom AG bereitgestellt) 8

Abbildung 3: Kartografische Darstellung der umgesetzten und evtl. noch freien Potenziale für weitere Biogasanlagen.. 13

 

 

5.2    Tabellenverzeichnis

 

Tabelle 1: Größenstruktur landwirtschaftlicher Betriebe lt. Angaben aus der Agrarförderung 2006 (Quelle: statistisches Jahrbuch 2006, vom AG bereitgestellt) 8

Tabelle 2: Erträge ausgewählter Kulturen in dt/ha im Landkreis Oberhavel (Quelle: statistisches Jahrbuch 2006, vom AG bereitgestellt) und der Bundesrepublik Deutschland  ( Quelle: ZMP, DMK und www.bmelv-statistik.de) 9

Tabelle 3: Biogasanlagen im Landkreis Oberhavel, elektrische Leistungen in kW und Inputmengen in t Frischmasse/Jahr (Datengrundlage: nach Auftraggeber, verändert) 10

Tabelle 4: Berechnungen der für weitere Biogasanlagen freien Potenziale an Flächen und Gülle  11

 

6    Anlagen

 

 

 

7    Karte

Biogaspotenziale im Landkreis Oberhavel