Prof. Dr. rer. nat. Peter Schmuck

PD Dr.-Ing. Marianne Karpenstein-Machan

 
                                         IBRLOGO

 

 
Expertise zur Identifizierung von Leitprojekten zur Bioenergienutzung in den Ortsteilen der Stadt Göttingen

 

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Auftraggeber:

Stadt Göttingen, Der Oberbürgermeister

Hiroshimaplatz 1 – 4, Göttingen

 

Göttingen, im Oktober 2006

 
Bearbeitung:

 

 

IBRLOGO

 

PD Dr.- Ing. Marianne Karpenstein-Machan

Prof. Dr. rer. nat. Peter Schmuck

Interdisziplinäres Zentrum für Nachhaltige Entwicklung der Universität Göttingen  (IZNE) über

Göttinger Institut für Bioenergie und Regionalentwicklung e. V.

(IBR)

Goldschmidtstr. 1

37077 Göttingen

Tel: 0551 – 39 12 781

Fax: 0551 – 39 19 764

Email: mkarpen@gwdg.de

Email: peterschmuck@gmx.de

 

 

 

 

 

 


INhalt          

 

1      Einleitung. 4

1.1       Veranlassung der Expertise. 4

1.2       Gegenstand der Expertise. 5

1.3       Chancen für die Stadt Göttingen.. 5

1.4       Aufteilung des Stadtgebietes in 4 Projektgebiete. 6

2      Recherchen zum Status quo der Biomassebereitstellung aus Landwirtschaft, Forst und Kommune  8

2.1       Landwirtschaftliche Energieressourcen.. 8

2.2       Zusammenfassung der landwirtschaftlichen Energieressourcen.. 15

2.3       Forstwirtschaftliche Energieressourcen.. 18

2.4       Kommunale Energieressourcen.. 19

3      Status quo der universitären Forschung und Umsetzung von Bioenergieprojekten im Stadtgebiet 22

3.1       Institut für Bioenergie und Regionalentwicklung (IBR): 22

3.2       Institut für Landtechnik an der Universität Göttingen.. 23

3.3       Versuchswirtschaften der Universität Göttingen.. 24

4      Status quo der Energieversorgung im Stadtgebiet 27

5      Planungswerkstatt zur Leitprojektentwicklung. 32

5.1       Kurzfristig umsetzbare Ideen und Projekte. 32

5.2       Mittel- bis langfristig umsetzbare Ideen und Projekte. 35

5.3       Weitere Projektideen.. 36

5.4       Innovative Forschungsprojekte. 38

6      Zusammenfassende Empfehlungen und Ausblick. 39

6.1       Standortvorteile und Chancen.. 39

6.2       Empfohlene Entwicklungsleitlinien.. 40

6.3       Ausblick. 42

 

 

1    Einleitung

1.1    Veranlassung der Expertise

Der Oberbürgermeister der Stadt Göttingen hat das „Institut für Bioenergie und Regionalentwicklung“ (IBR) der Universität Göttingen beauftragt, eine Expertise zu erstellen, in der erfolgversprechende Leitprojekte zur Nutzung von Bioenergie in  Göttingen bzw. seinen Ortsteilen identifiziert werden sollen. Hintergrund ist das begründete Interesse, angesichts steigender Preise für fossile Energieträger und der Klimafolgeprobleme bei energetischer Nutzung fossiler Ressourcen in den Ortsteilen des Stadtgebietes Göttingen Bioenergieprojekte auf den Weg bringen, um damit auch die wirtschaftliche und wissenschaftliche Attraktivität des Standortes Göttingen zu erhöhen.

 

Der Auftragnehmer, das IBR ist aus dem Bioenergieteam des Interdisziplinären Zentrums für Nachhaltige Entwicklung der Universität Göttingen (IZNE) hervorgegangen. Das Team hat federführend das erste Bioenergiedorf Deutschlands strategisch konzipiert und auf den Weg gebracht und begleitet dieses seit 2005 technisch realisierte Projekt mit wissenschaftlichen Begleituntersuchungen bis 2008. Im Landkreis Göttingen ist zur Zeit die Umstellung weiterer fünf Dörfer auf Bioenergie in Planung. Auch hier werden die notwendigen Umstellungsprozesse vom IBR begleitet und moderiert; die technische Realisierung wird voraussichtlich in den Jahren 2008 und 2009 erfolgen.

 

Auch in den Ortsteilen der Stadt Göttingen gibt es für solche oder ähnliche Bioenergieprojekte die dafür notwendigen land- und forstwirtschaftlichen Flächen sowie kommunalen Potenziale (landwirtschaftliche Nutzflächen, Gülle, Holz, grüne Mülltonne, Baum- und Strauchschnitt). Darüber hinaus gibt es in vielen Stadtteilen bereits eine Infrastruktur zur Verteilung der Energie (Fernwärmenetze und Gasnetze). Diese günstige Ausgangslage bietet vielfältige Möglichkeiten zum Einsatz von Biomasse als Energieträger und zur Nutzung moderner Technologien für die Umwandlung von Biomasse in Strom, Wärme und Kraftstoffe.

 

Aufbauend auf diesen Erkenntnissen sollen ortsangepasste und richtungsweisende Leitprojekte identifiziert werden, die einen Beitrag zur zukunftsfähigen Energieversorgung der Stadt Göttingen liefern.

 

1.2    Gegenstand der Expertise

Die Expertise soll zunächst aufzeigen, wo und in welcher Menge regional verfügbare Ressourcen im Stadtgebiet vorhanden sind und wie diese mit der Nachfrage nach Energieressourcen in Einklang gebracht werden können.

 

In Einzelgesprächen mit Landwirten aus den Ortsteilen der Stadt, den Ortsbürgermeistern, dem Leiter des Forstamtes Göttingen, Vertretern von Entsorgungsbetrieben, Vertretern der Stadtwerke sowie Experten aus der Universität wurde der Status quo zur aktuellen Biomassebereitstellung, zum Stand der Forschung und der Umsetzung von Bioenergieprojekten im Stadtgebiet, sowie Daten zur Energienachfrage erhoben und Möglichkeiten der Nutzung von Bioenergie in den Stadtteilen diskutiert. Im Rahmen einer Planungswerkstatt mit diesen Experten aus der Stadt Göttingen wurden erste Vorschläge für mögliche Leitprojekte mit Leuchtturmcharakter zur Nutzung von Bioenergie in der Stadt Göttingen erarbeitet. Diese mit Experten aus der Stadt Göttingen abgestimmten erfolgversprechenden Bioenergieprojekte werden der Stadt Göttingen im Rahmen der Expertise mit einer Bewertung der Zeitperspektive für die Umsetzung (kurz-, mittel- oder langfristig) vorgelegt. Darüber hinaus werden aus den Expertengesprächen strategische Empfehlungen für weitere Entwicklungsleitlinien abgeleitet.

 

 

1.3    Chancen für die Stadt Göttingen

In Deutschland können mittelfristig bis zu 20 % der Primärenergie durch

CO2-neutrale Biomasse ersetzt werden. In punkto Wirtschaftlichkeit konkurriert diese jedoch direkt mit Kohle, Heizöl und Erdgas. Bei Preisen von über 50 Cent pro

Liter Öl ist die Realisierung von Bioenergieprojekten höchst interessant und stellt gerade für Städte mit umgebenden ländlichen Regionen eine große wirtschaftliche Chance dar. Die Voraussetzungen in Göttingen sind besonders günstig, da neben den großen Potenzialen an Biomasse und der günstigen Infrastruktur auch die Universität und die Fachhochschule mit ihren Experten eine wichtige Ressource darstellen, um zukunftsweisende Projekte zu entwickeln und von der Forschungsseite zu begleiten. Damit sind ideale Voraussetzungen in der Stadt Göttingen gegeben, moderne und innovative Technologien zur Bioenergienutzung  wirtschaftlich und zukunftsweisend einzusetzen und damit eine Vorbildfunktion für andere Städte mit ähnlichen Strukturen einzunehmen.

 

Die Bioenergienutzung kann zu einem Wirtschaftsmotor der Region werden - durch

 

Gleichzeitig leistet die Stadt einen Beitrag zum Klimaschutz, zur effizienten, wirtschaftlichen und umweltfreundlichen Nutzung der Abfallströme und zur Kreislaufwirtschaft.

 

 

 

1.4    Aufteilung des Stadtgebietes in 4 Projektgebiete

 

Da die land- und forstwirtschaftlichen Ressourcen der Stadt am Stadtrand lokalisiert sind, wurde die Fläche der Stadt und ihrer Ortsteile in vier Projektgebiete aufgeteilt, die im folgenden dann separat untersucht wurden.

Abbildung 1 gibt einen Überblick über die vier Projektgebiete.

Abb. 1: Aufteilung des Projektgebietes in Nordost-, Nordwest-, West- und Südbereiche der Stadt (gelbe Kreise); Lage der Fernwärmenetze (rote Kreise)

 

 

Zu den betrachteten Projektgebieten gehören folgende Ortsteile:

 

  1. Nord-Ost: Herberhausen, Roringen, Nikolausberg, Weende
  2. Nord-West: Holtensen, Esebeck, Elliehausen
  3. West: Hetjershausen, Knutbühren, Groß Ellershausen
  4. Süd: Geismar mit Versuchsgut Reinshof

 

 

2    Recherchen zum Status quo der Biomassebereitstellung aus Landwirtschaft, Forst und Kommune

2.1    Landwirtschaftliche Energieressourcen

 

Nordosten des Projektgebietes

Im Nordosten befinden sich die Ortschaften Herberhausen, Roringen, Nikolausberg und Weende. Mit dem interessierten Bürgermeister und Landwirten dieser Orteile wurden am 31. Mai und am 6. Juni Gespräche geführt, die zu folgenden Ergebnissen führten:

 

In Roringen und Weende gibt es keine Vollerwerbsbetriebe mehr. Die  landwirtschaftlichen Nutzflächen (LN) des nordöstlichen Projektgebietes mit insgesamt 462 ha (LN), davon 347 ha Ackerland und 115 ha Grünland, befinden sich in Herberhausen und Nikolausberg. In beiden Orten wirtschaftet jeweils ein Vollerwerbsbetrieb.

 

Große Teile der landwirtschaftlichen Nutzflächen liegen in den Wasserschutz-gebietszonen II und III b. Nach Aussage der Landwirte haben die Böden nur eine mittlere bis geringe Ertragsfähigkeit (Ackerzahlen 30 bis 40). Energiepflanzenanbau (insbesondere Wintergetreide als Ganzpflanzensilage) ist hier durchaus möglich und im Sinne des Grundwasserschutzes auf Standorten, wo bislang vor allem Winterweizen und Gerste angebaut werden, auch ökologisch sinnvoll. Die Biomasseerträge werden jedoch nur ein mittleres Ertragsniveau erreichen.

 

Die Landwirte sind aber durchaus an einer Energiepflanzenproduktion interessiert und würden ca. 70 ha Ackerland für eine solche Nutzung bereitstellen. Eine Biogasanlage müsste aber nach ihren Aussagen von mehreren Landwirten betrieben werden. Als möglicher Standort für eine Energieanlage wird die Kläranlage in Rinschenrott genannt.

 

Die landwirtschaftliche Flächenausstattung insgesamt ist jedoch im Nordosten der Stadt begrenzt und teilweise durch andere Nutzungsrichtungen (Pferdehaltung, Mutterkuhhaltung, extensives Grünland) gebunden. Darüber hinaus werden die Ortsteile Herberhausen und Nikolausberg zum großen Teil über ein Erdgasnetz versorgt, so dass eine Biogasanlage mit Wärmenutzung nach dem Modell Jühnde für diese Stadtteile kaum in Betracht kommt.

 

Da der Nordosten der Stadt sehr waldreich ist, bietet sich eine verstärkte Holznutzung in Kerngebieten der Orte an, wo noch kein Gasanschluss vorhanden ist.

 

Konkret wurde mit der Bürgermeisterin von Herberhausen ein Konzept erörtert, in dem z. B. in Ortsteilen, die nicht durch das Gasnetz versorgt werden, eine Gemeinschaftsheizung auf der Basis von Holzhackschnitzeln betrieben werden könnte. Die erzeugte Wärme würde dann über ein sog. Mikronetz an die Häuser verteilt (s. Abb. 2). Diese Insellösungen kommen besonders für Fachwerkhäuser in der Ortsmitte von Herberhausen in Frage, wo eine hohe Dichte von Häusern mit einem hohen Wärmebedarf in den einzelnen Häusern zusammenkommt.

 

Im Rahmen einer Ortsratssitzung in Herberhausen am 27. Juni 2006 wurden von den Projektnehmern verschiedene Konzepte zur Holznutzung in Verbindung mit dem Einsatz von solarer Wärme vorgestellt.

 

Das Interesse der Gemeinderatsmitglieder an der energetischen Nutzung von Holz war sehr groß. Mit der Bürgermeisterin stehen die Projektnehmer weiterhin in Verbindung, um beratend bei der Umsetzung von Bioenergieprojekten zur Seite zu stehen.

 

 

 

 

Abb. 2: Gemeinschaftsheizungen mit Mikronetzen für den Wärmetransport als Insellösung in Ortsteilen mit nur partieller Gasversorgung

 

 

 

 Exposé Nordost

¨      Nur geringe ackerbauliche Potenziale – Angaben zur Flächenbereitstellung für Energiepflanzenbau ca. 70 ha

¨      Ortsteile weitgehend am Erdgasnetz – Abwärmenutzung aus Biogas- BHKW nach Modell Jühnde scheidet weitgehend aus

¨      Große forstliche Potenziale vorhanden

¨      Holzhackschnitzelheizungen als Gemeinschaftsanlagen wurden mit kommunalen Vertretern erörtert und in Ortsratsitzung am 27. Juni 2006 vorgestellt

 

 

 

 

 

 

Nordwesten des Projektgebietes

Zum Nordwesten des Projektgebietes gehören die Ortsteile Holtensen, Esebeck, und Elliehausen. Vertreter des Ortsrates und der Landwirtschaft von allen Ortsteilen des Projektgebietes nahmen am 3. Juli 2006 an einem Expertengespräch teil. Die Landwirte des Projektgebietes bewirtschaften ca. 800 ha Ackerland und 135 ha Grünland. Bei den anwesenden Landwirten setzen sich die bewirtschafteten Flächen aus Eigentum und Pachtland zusammen. Die Verpächter sind größtenteils die Stadt Göttingen und die Kirche.

 

Die Motivation und das Interesse der Landwirte an Energieprojekten waren sehr unterschiedlich. Einige sind intensiv auf der Suche nach neuen Betätigungsfeldern und denken z. B. über eine eigene Rapsölproduktion und den Bau einer Biogasanlage nach. Es wurden auch bereits Rapsöllieferverträge mit der Ölmühle in Obernjesa abgeschlossen. Andere wiederum haben große Teile ihrer Flächen stillgelegt, wollen bald in Rente gehen und die Hofnachfolge ist noch nicht abschließend geklärt. Die Teilnahme von zwei Junioren ansässiger Landwirtschaftsbetriebe macht deutlich, dass Interesse an dem Thema Energieerzeugung vorhanden ist und man hier durchaus Optionen für die Zukunft sieht.

 

Zwei Landwirte machten bei diesem Treffen konkrete Flächenangaben zu einer evtl. Flächenbereitstellung für Energiepflanzenanbau. Einer würde nahezu seine ganze Ackerfläche und die Gülle seiner 40 Rinder bereitstellen, der andere würde ca. die Hälfte seiner Ackerfläche für Energiepflanzen bereitstellen.  Auch hier muss man davon ausgehen, dass die entsprechenden Ackerstandorte eine mittlere bis geringe Ertragsfähigkeit besitzen, aber für den Biomasseanbau durchaus geeignet sind. Hier würde man nicht Mais als Energiepflanze anbauen, sondern standortangepasste Energiepflanzen wie Wintertriticale, Winterroggen und evtl. Sonnenblumen und Ackergräser. Damit beträgt das aktuelle Potenzial in Nordwesten 70 ha Ackerland und Gülle von 40 Großvieheinheiten.

 

Die Ortsteile besitzen auch 160 ha Realgemeindewald, der von 8 Forstbetriebs-gemeinschaften in Eigenregie bewirtschaftet wird. Das Holz wird als Industrieholz und Brennholz verwertet. Es wurden Versuche mit einem Großhacker gemacht, um Holzhackschnitzel zu erzeugen. Die Waldwege sind aber teilweise zu schmal und die 30 t Container zu groß für die kleinen Waldflächen.

 

Da alle Ortsteile in Nordwesten ihren Wärmebedarf über Gasnetze decken (bis zu 90 %) und auch größere kommunale Objekte an das Gasnetz angeschlossen sind, stehen die Chancen für eine dörfliche Energieversorgung über Biomasse schlecht. Nach Aussagen der Ortsratsvertreter gibt es nur eine Minorität an Häusern, die derzeit nicht an das Gasnetz angeschlossen sind, sondern mit Heizöl heizen (ca. 50 Häuser).

 

Damit sind alternative Wärmenutzungskonzepte für diese Dörfer nur begrenzt möglich (evtl. kommen hier Einzellösungen wie die Nutzung von solarer Wärme für die Brauchwassererwärmung und zur Heizungsunterstützung in Frage).

 

Landwirtschaftliche und forstliche Rohstoffe aus dem Nordwesten könnten an das nah gelegene Kompostwerk geliefert werden, um dort verwertet zu werden. Entsprechende Konzeptideen liegen vor (s. Kapitel 2.4).

 

Exposé Nord-West

¨      Grosse ackerbauliche Potenziale – Angaben zur Flächenbereitstellung für Energiepflanzenbau ca. 70 ha Ackerland und Rindergülle von 40 Großvieheinheiten (GV)

¨      Ortsteile mit einer Anschlussquote von bis zu 90 % am Erdgasnetz  - Abwärmenutzung aus Biogas- BHKW nach Modell Jühnde scheidet aus

¨      Das Kompostwerk im Nordwesten der Stadt bietet sich aufgrund der Lage am Stadtrand als Vergärer von landwirtschaftlichen Rohstoffen aus dem Nordwesten an

 

 

 

Westen des Projektgebietes

Zum Westen des Projektgebietes gehören die Ortsteile Hetjershausen, Knutbüren, Grone und Groß Ellershausen. Zu dem Treffen am 14. Juni 2006 kamen der Ortsbürgermeister von Gross Ellershausen/Hetjershausen/Knutbühren und sechs Landwirte aus den Ortsteilen.

 

Alle anwesenden Landwirte drücken ihre Bereitschaft aus, unter wirtschaftlichen Bedingungen einen Teil ihrer verfügbaren Fläche für Energiepflanzenanbau zur Verfügung zu stellen. Die uns von der Stadtverwaltung vorgelegte Statistik für die landwirtschaftliche Nutzfläche in Grone beinhaltet auch Flächen, die Groner Landwirte in Thüringen bewirtschaften. Daher muss die Flächenangabe für Grone um ca. 300 ha Nutzfläche reduziert werden.

 

Die anwesenden Landwirte zeigten sich sehr gut informiert über energetische Nutzung von Biomasse. Konkret ist bereits eine bäuerliche Biogasanlage in Groß Ellershausen auf einer landwirtschaftlichen Fläche des Betriebes in Planung. Der potenzielle Standort liegt im erweiterten Wasserschutzgebiet IIIa. Aufgrund der erhöhten Schutzbedürftigkeit des Gutes Wasser und des Wohls der Allgemeinheit werden für die Errichtung und den Betrieb von genehmigungsfähigen Anlagen in Wasserschutzgebieten erhöhte Anforderungen geltend gemacht. Es ist jedoch mit zu beachten, dass mit Energiepflanzenanbau auf den umliegenden Flächen die Nitratgehalte im Boden im Herbst deutlich geringer sind als bei konventionellem Anbau von Getreidearten zur Nahrungsmittelerzeugung und damit ein Beitrag zum Grundwasserschutz geleistet werden kann (Karpenstein-Machan, 2005)*.

Die Kapazität der Anlage soll 500 kW elektrisch betragen. Als vorbildlich bei dieser Anlagenplanung ist herauszuheben, das der potenzielle Betreiber sich um eine effiziente Nutzung der  Wärme bemüht hat. Als Wärmekonzept ist die Versorgung eines Hotels mit ganzjährigem Wärmebedarf geplant.

Wenn auch die Genehmigungsbehörde das staatliche Gewerbeaufsichtsamt Göttingen ist, sollte das Vorhaben des Landwirtes von Stadtseite in der Genehmigungsplanung - soweit möglich - unterstützt werden; denn es handelt sich hier um ein vorausschauendes Gesamtkonzept mit Strom- und effizienter Wärmenutzung.

 

 

* Quelle: Energiepflanzenbau für Biogasanlagenbetreiber, Karpenstein-Machan (2005), DLG- Verlag, Frankfurt; ISBN 3-7690-0651-8

 

Exposé West

¨      Grosse ackerbauliche Potenziale in den Ortsteilen Groß Ellershausen, Hetjershausen und Knutbüren vorhanden – Angaben zur Flächenbereitstellung für Energiepflanzenbau ca. 160 ha Ackerland

¨      Größere landwirtschaftliche Biogasanlage (BHKW mit 500 kW el) mit sehr interessantem Wärmekonzept in Groß Ellershausen in Planung

¨      Unterstützung von Seiten der Stadt wünschenswert, um bürokratische Hürde zu überwinden

 

 

Süden des Projektgebietes

Zu einem für den 19. Juli 2006 terminierten Gespräch kamen der Ortsbürgermeister und 6 Landwirte aus Geismar (teilweise Senior und Junior). Alle anwesenden Landwirte drückten die prinzipielle Bereitschaft aus, unter wirtschaftlichen Bedingungen bis zu einem Drittel ihrer verfügbaren Fläche für Energiepflanzenanbau zur Verfügung zu stellen. Damit kommt bereits durch die anwesenden Landwirte ein Flächenpotenzial von 185 ha für Energiepflanzenanbau zusammen. Nach Aussagen der anwesenden Landwirte würden sich auch die nicht anwesenden Landwirte aus Geismar beteiligen, was die Bereitstellungsfläche für Energiepflanzenbau weiter vergrößert. Dies wurde bereits bei einem früheren Treffen am 21. März 2006 bekundet, zu dem der damalige Stadtrat Meyer eingeladen hatte. Bei diesem Treffen war über eine mögliche Umstellung der Heizanlage für das Kiesseekaree auf Biomassebasis gesprochen worden. Das bestehende Erdgas-BHKW könnte auf Biogas umgestellt werden. Die Landwirte von Geismar waren sehr interessiert an einer Zulieferung von Energiepflanzen zur Beheizung des Kiesseekarees.

 

Das Projekt wurde vorläufig ad acta gelegt, weil nur der Bau einer größeren Anlage mit einer Leistung zwischen 3-5 MW diskutiert wurde, für die die verfügbare Flächen in der Umgebung aber offenkundig nicht ausreichen. Die Landwirte zeigten sich durch die Größenvorgabe der Anlage verunsichert und hatten den Eindruck, dass ein solches Projekt eine Nummer zu groß für sie sei. Die Gespräche zwischen den interessierten Landwirten einerseits und den Stadtwerken sowie weiteren Experten andererseits sollten weitergeführt werden, denn eine an die Flächenpotenziale angepasste Anlagengrößen scheint durchaus auch hier wirtschaftlich interessant zu sein, zumal auch die Böden im Projektgebiet Süd eine hohe Ertragsfähigkeit besitzen (s. auch Kap. Planungswerkstatt).

 

Als weitere Idee zur Bioenergienutzung wurde die Rohstofflieferung für die BTL Kraftstoffproduktion angesprochen. Kritisch dabei wurde jedoch angemerkt, dass die Landwirte hier lediglich als Rohstofflieferanten auftreten und an einer weiteren Wertschöpfung nicht partizipieren können. Auch die Getreidekornverbrennung im eigenen Betrieb und für größere Objekte wurde erörtert. Konkrete Vorhaben gibt es allerdings noch nicht, da die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Getreideverbrennung noch nicht endgültig geklärt sind.

 

Exposé Süd

¨      Grosse ackerbauliche Potenziale vorhanden – Angaben zur Flächenbereitstellung für Energiepflanzenbau ca.185 ha Ackerland

¨      Voraussetzung zum Einsatz von Biomasse als Energieträger sehr günstig, da ertragreiche Ackerstandorte vorhanden sind

¨      Mit Nahwärmenetz Kiesseekaree ist die notwendige Infrastruktur für die Wärmenutzung eines BHKWs vorhanden

¨      Expertengespräche zur Umstellung des Kiesseekarees wieder aufnehmen, um über flächenangepasste Lösungen zu reflektieren

           

2.2    Zusammenfassung der landwirtschaftlichen Energieressourcen

Von den 36 Vollerwerbsbetrieben im Stadtgebiet wurden genau 50 % der Betriebe im Rahmen der persönlichen Gespräche erreicht, um die Meinung der Landwirte zu Bioenergieprojekten in den Ortsteilen und deren Bereitschaft zur Flächenbereitstellung für die Energiepflanzenproduktion zu erfassen. Die Befragung ergab, dass die anwesenden Landwirte aus allen 4 Projektgebiete zusammen 485 ha Ackerfläche für Energiepflanzenbau zur Verfügung stellen könnten. Das entspricht bereits ca. 11 % der gesamten Ackerfläche in den Ortsteilen der Stadt. Man kann davon ausgehen, dass noch weitere Flächenpotenziale über die noch nicht erreichten Landwirte im Stadtgebiet bereitstehen. Darüber hinaus könnten aus den benachbarten Dörfern außerhalb des Stadtgebietes noch Landwirte mit Flächenpotenzialen einbezogenen werden (z. B. Bovenden, Niederjesa, Diemarden). Mit dem aktuellen Flächenangebot ließe sich bereits eine oder mehrere Biogasanlagen mit einer Gesamtkapazität von 1 MW elektrisch betreiben.

Weitere Recherchen zum verfügbaren Flächenpotenzial sollten jedoch erst dann vorgenommen werden, wenn konkrete Projekte von der Stadt unterstützt und weiterentwickelt werden.

Mit dem Flächenbedarf, den die potenziellen Bioenergiedörfer im Landkreis Göttingen zur Umsetzung ihrer Biomasseprojekte haben, gibt es keine Überschneidungen oder Flächenkonkurrenzen, da die noch im Wettbewerb befindlichen 12 Dörfer des Landkreises nicht an das Stadtgebiet angrenzen.

 

Exposé Landwirtschaft

¨      50 % der landwirtschaftlichen Betriebe im Stadtgebiet in Rahmen der Expertise erreicht

¨      Die befragten 18 Betriebe stellen 485 ha Ackerflächen für Energiepflanzenproduktion bereit, das entspricht ca.11% der gesamten Ackerfläche in den Ortsteilen der Stadt

¨      Aktuelles Flächenangebot reicht, um Biogasanlage(n) mit       einer Kapazität von 1 MW (elektrisch) zu betreiben

¨      Deutliche höhere Flächenpotenziale erreichbar bei günstigen Rahmenbedingungen und konkreter Projektvorlage

¨      Bioenergieprojekte im Stadtgebiet stehen nicht in Flächenkonkurrenz zu dem Bioenergiedorf-Projekt im Landkreis

 

 

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Blitzlichter aus den Ortsteilgesprächen mit Landwirten und Ortsbürgermeistern

 

2.3    Forstwirtschaftliche Energieressourcen

 

Am 6. Juni 2006 wurde mit dem Forstamtsleiter des Stadtforstes Herrn Levin ein Gespräch zu Möglichkeiten der Nutzung der forstlichen Ressource Holz als Energieträger geführt. Das vom Forstamt betreute Gebiet umfasst 1600 ha Stadtforst und 1400 ha Realgemeindewald. Buchen und Fichten sind die am häufigsten vorkommenden Baumarten. Der Zuwachs pro Hektar und Jahr beträgt ca. 5 m3. Jährlich werden ca. 6000 m3 Holz im städtischen Wald eingeschlagen, von denen 3000 m3 als Stammholz, 2000 m3 als Industrieholz (Verwertung zum großen Teil in der Spanplattenindustrie) und 500 bis 600 m3 als Brennholz genutzt werden. Das Kronenholz verbleibt im Wald. Damit liegt der jährliche Einschlag im Stadtwald ca. 30% unter dem jährlichen Zuwachs an Holzmasse!

 

Bei entsprechenden Preisen für Energieholz könnte der Industrieholzanteil auch teilweise oder ganz zur energetischen Nutzung einsetzt werden (ca. 30 Euro/m3). Zurzeit bestehen zweijährige Verträge mit einem Werk in Bodenwerder zur Herstellung von Holzkohle und Buchenholzessig (Verwendung in der Medizin).

 

Der Realgemeindewald gehört vielen Besitzern, deren durchschnittliche Fläche nur ca. 2 ha beträgt. Viele der Waldbesitzer haben aufgrund der geringen Preise und hohen Kosten für Holzbergung die Ernte eingestellt. Laut Aussage des Försters sind jedoch in Göttingen die Realwaldpotenziale durch Brennholzwerbung in Eigenregie weitgehend gebunden.

 

Die motormanuelle Holzwerbung ist relativ teuer, probeweise wurde mit Harvester-Technik geerntet. Das ist wesentlich billiger, geht jedoch nachhaltig nur im Nadelwald. Im Misch- und Buchenwald werden zu viele wertvolle Buchenstämme in Mitleidenschaft gezogen.

 

 

 

Exposé Forst

¨      1600 ha Stadtwald und 1400 ha Realgemeindewald

¨      Gesamteinschlag pro Jahr ca. 6000 m3  im Stadtforst

¨      Einschlag liegt ca. 30 % unter dem jährlichen Zuwachs an Holzmasse

¨      Bei Preisen ab 30 Euro/ m3 Holz wird Industrieholz auch zur energetischen Verwertung interessant (Potential ca. 2000 m3/a)

¨      500 bis 600 m3/a als Brennholz genutzt

¨      Erntelogistik muss verbessert werden, um Holzbergekosten zu reduzieren

 

 

2.4    Kommunale Energieressourcen

 

Kompostwerk Göttingen

Das Gespräch mit dem Geschäftsführer des Kompostwerkes Herrn Dr.-Ing. Rühl fand am 13. Juni 2006 statt. Das Kompostwerk Göttingen wurde 1999 gebaut und wird als GmbH betrieben. Die Investitionskosten betrugen ca. 14,8 Mio. DM.

Es gehört zu 51 % der Stadt Göttingen und zu 49 % einem privaten Investor. Das Werk besitzt eine genehmigte Kapazität von 22.500 t Abfall. Auf einer Fläche von 20.000 m2 werden Bioabfälle von der Stadt Göttingen und der Stadt Kassel (insgesamt ca. 16.000 t) sowie und Baum- und Strauchschnitt (6.000 t) verarbeitet. Sechs feste Mitarbeiter arbeiten auf der Anlage.

 

Der produzierte Kompost aus dem Bioabfall wird hauptsächlich lokal auf landwirtschaftlichen Flächen verwertet. Die Produktionskosten zur Herstellung von einer Tonne Kompost betragen ca. 86 Euro.

 

Bei Abgabe des Kompostes an die Landwirtschaft ist eine Zuzahlung von 10 Euro/t nötig, da bei Einsatz von Kompost in der Landwirtschaft regelmäßig der Boden auf Schwermetalle analysiert werden muss.

Der Grünschnitt wird thermisch verwertet. 3 000 bis 4 500 t des gehäckselten Baum- und Strauchschnittes werden an Abfallmakler am Niederrhein oder nach Sachsen-Anhalt geliefert.
Nach Aussagen des Geschäftsführers ist die Kompostierung nicht wirtschaftlich zu betreiben, daher bestehen Überlegungen, welche Alternativen möglich sind.

 

In Zusammenarbeit mit der FH Göttingen/Hildesheim (Prof. Nelles) und einem Institut in Bayern (Prof. Faulstich) soll ein neues Vergärungsverfahren zum Einsatz kommen. Bei dem sogenannten Perkolationsverfahren werden aufbereitete Bioabfälle vergoren. Die Vergärungsanlage steht kurz vor der Genehmigung (Planendes Ing. Büro: Krieg und Fischer) und der Bau ist für 2007 geplant.

 

Beschreibung des Verfahrens:

 

Die Vorteile des Perkolationsverfahrens im Vergleich zu konventionellen Naßvergärungsverfahren liegen in kurzen Verweilzeiten im Fermenter und hohen Methananteilen im Biogas (60 bis 70 %). Die Perkolationsvergärung ist gut integrierbar in das Gesamtwerk. Die vorhandene Infrastruktur und die Einrichtungsperipherie können genutzt werden.

 

Das ausgegorene Material wird nach der Vergärung kompostiert. Die Rotte verläuft nun wesentlich schneller, so dass die Kapazität des Kompostwerkes erhöht werden könnte. Dies ist jedoch derzeit nicht geplant, es sollen stattdessen die Durchlaufzeiten für das Perkolat erhöht werden, um mehr organische Säuren für die Vergärung auszuschleusen. Das wirtschaftliche Ziel besteht darin, so wenig wie möglich zu kompostieren und so viel wie möglich zu vergären! Durch den zusätzlichen Stromverkauf soll ein wirtschaftlicher Betrieb der Gesamtanlage erreicht werden.

 

Weitere Ideen und Visionen

Evtl. soll eine zweite Anlage auf Nawaro-Basis gebaut werden, die unter Einbezug der Landwirte aus der Umgebung als Energiepflanzenlieferenaten betrieben werden soll.

 

Da die Gasleitung der Stadtwerke direkt über das Betriebsgelände des Kompostwerkes verläuft, käme auch eine Biogasaufbereitung und Gaseinspeisung ins Erdgasnetz in naher Zukunft in Frage.

 

Das Biogas-BHKW könnte durch ein Brennstoffzellen-BHKW ersetzt werden, um auf diese Weise einen höheren Stromwirkungsgrad zu erreichen.

 

Exposé Kompostwerk

·         Ca. 16.000 t/a Bioabfälle und 6.000 t/a Baum- und Strauchschnitt

·         Kompostierung allein bietet keine wirtschaftlichen Perspektiven

·         Nutzung der Energie macht den „Abfall zum Wertstoff“

·         Neue Perkolations-Vergärungsanlage soll Wirtschaftlichkeit und Effizienz des Betriebes verbessern (Bau 2007)

·         Innovative technische Weiterentwicklung des Gesamtkonzeptes

 

3    Status quo der universitären Forschung und Umsetzung von Bioenergieprojekten im Stadtgebiet

 

Stellvertretend für die universitäre Forschung und Umsetzung werden drei Institutionen der Universität Göttingen kurz vorgestellt:

 

3.1    Institut für Bioenergie und Regionalentwicklung (IBR):

 

Im Göttinger Institut für Bioenergie und Regionalentwicklung e.V. (IBR) arbeiten praxisorientierte Gesellschafts- und Naturwissenschaftler zusammen, um die Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energieträger aktiv zu fördern. Wir unterstützen die Initiierung konkreter Umstellungsvorhaben, begleiten die Startphase derartiger Projekte und bringen sie zur Umsetzung.

 

Das IBR unterstützt Dörfer, Gemeinden, Landkreise sowie auch Städte oder Stadtteile bei der Umgestaltung der Energieversorgung auf erneuerbare Energieträger sowie bei den dabei ausgehenden Impulsen für die Regionalentwicklung.

 

Mitglieder des interdisziplinär zusammengesetzten Teams des IBR haben beispielsweise das Projekt „Bioenergiedorf Jühnde“ initiiert und erfolgreich auf den Weg gebracht und sind derzeit bei mehreren ähnlichen Vorhaben im Landkreis, in verschiedenen Bundesländern und im Ausland, z. B. in Japan, Indonesien und Taiwan beratend tätig.

 

 

3.2    Institut für Landtechnik an der Universität Göttingen

 

Ein Gespräch mit Prof. Dr. Lücke und Herrn Dipl.-Wirtschaftsing. Jens Wegener wurde am 19. September 2006 geführt. Herr Prof. Lücke ist der Leiter des Instituts.

Das Institut für Agrartechnik wurde 1939 als Institut für Landmaschinen gegründet. Wichtige Forschungsthemen in Bereich Bioenergie sind derzeit

 

 

Bei der Stauwärmenutzung werden Hausdächer mit handelsüblichen Metallprofilen eingedeckt. Unter dem Dach entsteht Stauwärme, die mit Hilfe einer Wärmepumpe abgeführt wird und zur Brauchwassererwärmung und Heizungsunterstützung genutzt wird. Die Praxistauglichkeit dieses bereits in den 80er Jahren entwickelten Konzepts wird am Beispiel des Neubaus der Jugendherberge in Dahme an der Ostsee dargestellt.

 

Der Göttinger Gehölzmähhäcksler wurde Anfang der 1990er Jahre für die Beerntung von Pappeln und Weiden in Kurzumtriebsplantagen entwickelt. Er wurde nun für die Belange der Pflege von Flächen in Naturschutz- und FFH-Gebieten weiterentwickelt. Ziel ist es, den Häcksler weiter hinsichtlich Energiebedarf, Hackschnitzelqualität und Arbeitsleistung zu optimieren und zur Serienreife zu bringen. Damit ist der Häcksler sehr gut einsetzbar bei der Beerntung von Biomassen in Schutzgebieten. In einer erneut modifizierten Form kann der Göttinger Gehölzmähhäcksler auch in Kurzumtriebsplantagen eingesetzt werden, um homogene und qualitativ hochwertige Hackschnitzel aus Plantagengehölzen zu produzieren.

 

Bei dem Projekt Emissionshandel und Landwirtschaft geht es um Bestrebungen, auch kleine und mittlere Bioenergieanlagen und nicht nur Großanlagen am Emissionshandel teilhaben zu lassen. Berechnungen von Wegener zeigen, dass der Einsatz von landwirtschaftlichen Biomassen zur Energieerzeugung ein wesentliches Potenzial zur Verminderung der Treibhausemissionen darstellt. Würde man z.B. den gesamten technisch verfügbaren Wirtschaftsdünger in Deutschland mit Hilfe von Biogasanlagen in Strom und Wärme verwandeln, entspräche das Minderungspotential über 10,5 Mio. t CO2-Äquivalent und damit demselben Betrag, den die am Emissionshandel teilnehmenden Unternehmen zusammen bis 2012 einsparen müssen. Das zeigt die große Bedeutung der Landwirtschaft bei der Erreichung der Klimaschutzziele auf.

 

Geplant ist die Umstellung der Wärmeversorgung des Instituts für Agrartechnik auf Biomasse. Das gesamte Institut soll mit selbsterzeugten und selbstgehäckselten Holzhackschnitzeln versorgt werden, welche in einem Holzhackschnitzelkessel verbrannt werden. Dabei kann die gesamte Bereitstellungs- Nutzungs- und Verwertungskette bis zur Düngung der Aschen aufgezeigt, optimiert  und in die universitäre Lehre und Forschung einbezogen werden.

 

3.3    Versuchswirtschaften der Universität Göttingen

 

Am 12. September 2006 wurde ein Gespräch mit Herrn Dr. Augustin geführt. Herr Dr. Augustin ist als Leiter der Versuchswirtschaften verantwortlich für die Versuchsbetriebe Klostergut Reinshof, Klostergut Marienstein und Versuchsgut Relliehausen. Die Versuchsgüter der Universität stehen der Agrarwissenschaftlichen Fakultät als Experimental-, Lehr- und Demonstrationsbasis zur Verfügung. Das Landwirtschaftliche Versuchsgut Relliehausen der Universität Göttingen betreibt seit August 2006 eine Biogasanlage. Jährlich sollen bis zu 1,5 Millionen Kilowattstunden Strom ins Netz einspeist werden. Durch die Nutzung der anfallenden Wärme wird das Versuchsgut auch bis zu 40.000 Liter Heizöl pro Jahr einsparen. Damit soll die Wirtschaftlichkeit des Versuchsgutes verbessert werden. Die Anlage steht für Versuchszwecke zur Verfügung. Unter anderem sollen Möglichkeiten zur Verbesserung der Effizienz sowie Umweltwirkungen untersucht werden. Die Fakultät für Agrarwissenschaften will diesen Forschungsbereich in der Bioenergieregion Südniedersachsen vorantreiben. Damit steht eine hervorragende Infrastruktur zur verstärkten praxisorientierten Forschung zur Verfügung.

 

Im Gespräch mit Herrn Augustin, der die Energiesituation in Göttingen sehr gut kennt und sich seit langem mit regenerativen Energien beschäftigt, kristallisierten sich zwei hervorragende auf Biomasse basierende Projektideen für die Stadt Göttingen heraus:

 

 

Folgende Argumente wurden erörtert:

 

 

Im Nordosten der Stadt, Herberhausen und Nikolausberg bietet sich nach Einschätzung von Herrn Augustin keine Biogasproduktion an, weil die Landwirtschaftsflächen ungünstiger sind (kälter, höher, weniger fruchtbar), zudem sind insgesamt keine größeren Flächen verfügbar, was größere Transporte implizieren würde, die wiederum in einer Hügellandschaft sehr aufwändig wären. Da hier auch Erdgasnetze liegen, liegt hier keine Chance für Biogasanlagen wie in Jühnde. Hier könnte man an kleine Insel-Wärmenetze denken, die mit Holzheizungen betrieben werden, da hier genügend Wald vorhanden ist (s. auch Kap. 2.1).

 

In Westen der Stadt kann entweder an eine eigene kleinere Biogasanlage gedacht werden, die die Wärme für öffentliche Gebäude oder Gewerbe in der Region West nutzt. Hier gibt es bereits ein Vorhaben aus der Landwirtschaft für den Bau einer Biogasanlage (s. Kap. 2.1). Verfügbares Land und interessierte, offene Landwirte sind vorhanden. Alternativ können sich die interessierten Landwirte im Westen der Stadt an der Belieferung von größeren Biogasanlagen in Nord oder Süd beteiligen, die Entfernungen um 10 km sind noch vertretbar.

4    Status quo der Energieversorgung im Stadtgebiet

Stadtwerke Göttingen

Stellvertretend für die Energieversorger in Göttingen wurde am 5. Juli 2006 ein Gespräch mit Herrn Brüggemann von den Stadtwerken AG geführt. Die Stadtwerke gehören zu 51 % der Stadt Göttingen und zu 49 % der EON.

 

Die Stadtwerke versorgen 130.000 Göttinger mit Erdgas, Fernwärme und Wasser. Zum Kerngeschäft kamen im Jahr 1991 die beiden Parkhäuser in der Innenstadt hinzu. Im Jahre 2001 wurde die erste Erdgastankstelle an der Kasseler Landstraße eröffnet. Folgende Module der Energieerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien sind bereits im Einsatz bzw. geplant:

 

 

Die folgenden weiterführenden Visionen wurden vorgestellt:

 

 

Wärmenetze

In Stadtgebiet gibt es 5 Nah- bzw. Fernwärmenetze, die durch die nachfolgend beschriebenen Kessel- oder Motorenkapazitäten mit Wärmeenergie versorgt werden:

 

  1. Innenstadt: 50 MW thermisch mit mehreren Modulen, zwei BHKW mit je 826 kW elektrisch (Baujahr/Umbau 1998)
  2. Südliche Feldmark: 4,7 MW thermisch mit zwei Kesseln, (Baujahr/Umbau 1995/1999), 1 BHKW mit 130 kW elektrisch wurde 2006 installiert
  3. Zietenterrassen: 7 MW thermisch (Umbau 2004)
  4. Holtenser Berg (Wohnungsbaugesellschaft): 5,2 MW thermisch, 50 kWel (2006)
  5. EON Dieselstrasse (Uni-Komplex): 20 MW thermisch, mehrere Kessel

 

Die erstgenannten drei Netze werden von den Stadtwerken betrieben. Das Nahwärmenetz am Holtenser Berg wird durch die Stadtwerke mit Gas versorgt, der Betreiber ist jedoch eine Wohnungsbaugesellschaft. Das Nahwärmenetz in der Dieselstrasse gehört der Universität, ist jedoch noch 10 Jahre an die EON verpachtet.

 

Die Leitungsverluste in den Netzen betragen ca. 10 %, bei den Zietenterrassen jedoch 20-30%, da die Wärmedichte zu gering ist (s. Abb. 4). Das dortige Gewerbegebiet hat noch nicht seine vorgesehene Ausbaustufe erreicht, so dass zu wenig Wärmeabnahme vorhanden ist.

 

Im Innenstadtbereich und in der südlichen Feldmark (Kiesseekarree) sind neben den konventionellen Verbrennungskesseln auch Blockheizkraftwerke zur Stromproduktion installiert. Das BHKW-Modul in der südlichen Feldmark wurde erst 2006 aufgestellt. Es hat eine thermische Leistung von 211 kW und eine elektrische Leistung von 130 kW. Es ist auf die vorhandenen Abnahmestrukturen im Gebiet abgestimmt und wird künftig 36 Prozent der gesamten Wärmemenge erzeugen. Das Investitionsvolumen für die KWK-Anlage liegt bei knapp 200.000 Euro.

 

In den Abbildungen 3 und 4 sind die Plandaten der Bruttowärmeabgabe pro Monat für 2009 (Wärmeabgabe an Kunden plus Netzverluste) in kWh in die Wärmenetze Südliche Feldmark und Zietenterrassen dargestellt. Abbildung 5 zeigt die monatlichen Energielieferungen an das Holtenser Netz (Datengrundlage 2005) der Wohnungsbaugesellschaft. Durch das Holtenser Netz wird mit ca. 12 Mio. kWh/Jahr die größte Energiemenge transportiert. Im Vergleich dazu sind die Netze der Zietenterrassen und der Südliche Feldmark kürzer und es wird mit 7,3 und 6,1 Mio. kWh deutlich weniger Energie in die Netze abgegeben.

 

Der Grundlastbedarf beträgt im Netz

 

Der Grundlastwärmebedarf der Wärmekunden dieser Netze könnte bereits mit den Abwärmeanfall einer relativen „kleinen“ Biogasanlage von 200 bis 400 kW abgedeckt werden. Um zu größeren BHKW-Kapazitäten zu kommen, könnten weitere Wärmeabnehmer mit ganzjährigem Wärmebedarf in der Nähe angeschlossen werden, um den Grundlastbedarf zu erhöhen (z. B. Bad an der Eiswiese).

 

Abb. 3: Monatliche Bruttowärmeabgaben (incl. Netzverluste) an das Nahwärmenetz in der Südlichen Feldmark (Datengrundlage Stadtwerke Göttingen)

Abb. 4: Monatliche Bruttowärmeabgaben (incl. Netzverluste) an das Nahwärmenetz Zietenterrasse (Datengrundlage Stadtwerke Göttingen)

 

 

Abb. 5: Monatliche Energielieferungen (Gasmenge in kWh umgerechnet) an das Nahwärmenetz Holtenser Berg (Datengrundlage Stadtwerke Göttingen)

 

 

 

90 % der Wärme für die Nahwärmenetze wird aus Erdgas erzeugt. Damit sind die Stadtwerke Göttingen relativ umweltfreundlich, denn im Bundesgebiet liegt der Erdgaseinsatz nur bei 25%.

 

Die Stadtwerke betreiben auch die Gasnetze im Stadtgebiet. Abb. 6 gibt einen Überblick über den Verlauf der Gasleitungen.

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Abb. 6: Netzverlauf der Gasleitungen der Stadtwerke (Foto: Internetseite der Stadtwerke)

 

Die Stadtwerke Göttingen haben eine Machbarkeitsstudie (MBS) bei einem Ingenieurbüro in Hessen in Auftrag gegeben, um den Einsatz von Erneuerbaren Energien im Stadtgebiet prüfen zu lassen. Die MBS soll im Herbst 2006 fertig sein.

 

 

 

5    Planungswerkstatt zur Leitprojektentwicklung

Nach Ablauf der Informations- und Recherchegespräche mit den verschiedenen Experten und Akteuren im Stadtgebiet Göttingens, die auf dem Gebiet der Bioenergienutzung und Forschung tätig sind, wurden diese am 17. 10. 2006 zu einer gemeinsamen Planungswerkstatt eingeladen. Alle Eingeladenen, Vertreter der Landwirtschaft, der Stadtwerke, des Kompostwerkes, des Maschinenrings, des Instituts für Agrartechnik, der Versuchsgüter der Universität und des Interdisziplinären Zentrums für Nachhaltige Entwicklung nahmen an der Werkstatt teil, worin sich das breite Interesse an einer Zusammenarbeit zur weiteren Förderung von Bioenergieprojekten in Göttingen widerspiegelt.

 

Das Ziel der Veranstaltung bestand darin, sich gegenseitig über geplante und laufende Vorhaben zur Nutzung bzw. Forschung auf dem Gebiet der Bioenergie zu informieren. Darüber hinaus sollten Synergien für künftige gemeinsame Projekte eruiert werden, Schwerpunkte für die künftige Arbeit gesucht und potentielle Entwicklungsleitlinien zum Ausbau von Forschung, Entwicklung und Anwendung der energetischen Nutzung von biogenen Ressourcen beraten werden.

 

Zunächst wurden laufende und geplante Vorhaben summarisch zusammengetragen sowie Schwerpunkte einer Weiterentwicklung von bestehenden und geplanten Projekten genannt und gesammelt. Danach wurden diese Projekte, Vorhaben und Visionen hinsichtlich der kurz-, mittel- bzw. langfristigen Umsetzbarkeit bewertet. Ferner wurde nach Hindernissen gefragt, welche der Umsetzung im Weg stehen. Hier wurden keine nennenswerten Barrieren thematisiert.

 

5.1    Kurzfristig umsetzbare Ideen und Projekte

 

Die folgenden fünf Projekte wurden von etwa der Hälfte der anwesenden Bioenergie-Experten als kurzfristig, d.h. in den kommenden ca. drei Jahren umsetzbar eingeschätzt:

 

 

Das entstehende Biogas könnte in einem Blockheizkraftwerk verstromt werden, während die anfallende Wärme unter Nutzung des vorhandenen Nahwärmenetzes zur Wärmeversorgung des Kiesseekarrees (Südliche Feldmark) verwendet wird. Beteiligte Interessengruppen an diesem Vorhaben wären die Stadtwerke als Wärmenutzer, die Landwirte von Geismar sowie die Universitäts-Versuchsgüter als Lieferant der Biomasse. Die Universitätsvertreter sind an der wissenschaftlich Begleitung und technischen Optimierung der Energiekonvertierung interessiert. Weitere Planungsschritte zu diesem Vorhaben, wie die Überlegungen zur Finanzierung der Anlagen und dem Betreiberkonsortium, bieten sich nach Abschluss einer entsprechenden Machbarkeitsstudie Ende 2006 an, welche von den Stadtwerken in Auftrag gegeben wurde.

 

 

Die an diesem Projekt beteiligten Personen, Vertreter des Kompostwerks, der Stadtwerke sowie der Universität haben bereits in früheren Gesprächen den Plan entwickelt, das Kraftwerk in der Stadtmitte um einen zusätzlichen Kessel (5 MW) zu erweitern, der mit Holzhackschnitzeln aus dem Kompostwerk betrieben wird. Die entsprechenden Ressourcen an Hackschnitzeln reichen aus, um diesen Biomassekessel ca. 4500 Stunden im Jahr auszulasten. Die Holzhackschnitzel könnten in einem vorhandenen Gebäude der Stadtwerke in einem 2-3 Tagebunker gelagert werden. Die Transportwege vom Kompostwerk bis in die Stadtmitte sind kurz und mit dieser Lagerkapazität an der Anlage wären nur 1 bis 2 LKW/Tag nötig, um die Brennstoffe in ausreichender Menge anzuliefern.

 

 

Alle Beteiligten an der Planungswerkstatt sind sich einig darin, dass ein entsprechendes Zentrum notwendig ist, wenn man die laufenden und geplanten Einzelaktivitäten systematisch in ein Gesamtkonzept für die Stadt integrieren will. Dies scheint insbesondere deshalb notwendig zu sein, weil mit der weiteren Verknappung fossiler Rohstoffe der Druck auf die Suche nach Alternativen enorm zunehmen wird und daher eine intelligente, sprich effiziente und abgestimmte Ausnutzung der vorhandenen Biomasse-Ressourcen erforderlich ist. Fehlt eine Instanz, in der entsprechende Koordinationen getroffen werden können, ist ein strategisch nicht wünschenswerter „Wildwuchs“ von vereinzelten Anlagen zur Bioenergie-nutzung zu erwarten, der eine Konkurrenzsituation um landwirtschaftliche Nutzflächen bewirkt, die dann beispielsweise zum ökonomischen Ruin einzelner zu dicht gebauter Biogasanlagen führen können, wie er vom Fachverband Biogas bereits heute prognostiziert wird. Will die Stadt Göttingen Vorreiter der intelligenten Bioenergienutzung in städtischen Arealen werden, scheint ein solches Zentrum unabkömmlich zu sein. Die Beteiligten, insbesondere die Vertreter vom Maschinenring, der Universität, der Land- und Forstwirtschaft, drückten die Bereitschaft aus, ein entsprechendes Zentrum zu unterstützen.

 

 

Partner dieses Projektes wären insbesondere das Kompostwerk und die Universität als einer der Hauptlieferanten der Bioabfälle sowie als Partner bei der wissenschaftlichen Begleitung und technischen Optimierung dieser Art der Energieerzeugung.

 

 

 

 

Bei diesem im Kompostwerk bereits teilweise umgesetzten technischen Verfahren zur Biogasproduktion sollten in Kooperation mit Wissenschaftlern der Universität Stoff- und Energieströme genauer analysiert werden, um die eingesetzte Technik weiter optimieren zu können.

 

 

5.2     Mittel- bis langfristig umsetzbare Ideen und Projekte

 

Die folgenden drei Projekte wurden von etwa der Hälfte der anwesenden Bioenergie-Experten als mittel- oder langfristig, d.h. in den kommenden ca. vier bis zehn Jahren umsetzbar eingeschätzt:

 

 

Da das Gelände des Kompostwerkes vom Gasnetz berührt wird, bietet es sich an, das im Kompostwerk produzierte Biogas nach der Aufbereitung auf Erdgasqualität ins Netz einzuspeisen. Die eingespeiste Gasmenge könnte dann an einer anderen Stelle der Stadt in einem Blockheizkraftwerk in Strom und Wärme umgewandelt werden oder aber direkt für Heizzwecke verwendet werden.

 

 

Das Heizkraftwerk Dieselstrasse, welches nach Ablauf des Pachtvertrages mit EON in einigen Jahren in die Verfügung der Universität zurückkommt, sollte spätestens dann anstelle von fossilen Brennstoffen mit erneuerbaren Energieträgern wie Biomasse betrieben werden.

 

 

 

Im Stadtgebiet Göttingen sollte auch die direkte thermische Verwertung von Biomasse (wie Stroh, Getreide u.ä.) nach Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen erwägt und gefördert werden, um der Stadt Göttingen auch hier eine Vorreiterfunktion bezüglich der Realisierung und der wissenschaftlich-technischen Fundierung dieser Art der Energieerzeugung zu sichern. 

 

5.3     Weitere Projektideen

 

Die folgenden Ideen wurden von einer Minorität der an der Planungswerkstatt Beteiligten als kurz- oder langfristig umsetzbar eingeschätzt:

 

 

Das Problem, dass die gegenwärtige Rechtslage auf gemeinsam genutztem Gelände keinen NaWaRo Bonus für den Strom erlaubt, wurde als lösbar angesehen, indem die Anlage vom Kompostwerk getrennt betrieben wird.

 

 

Auch für die bislang noch nicht erwähnten Wärmenetze im Wohngebiet Holtensen und in den Zietenterrassen kommt eine Wärmeversorgung durch mit Biogas betriebene Blockheizkraftwerke in Betracht. Dies bietet sich besonders bei am Stadtrand gelegenen Netzen an, die unmittelbar an landwirtschaftliche Nutzflächen grenzen wie bei dem Holtenser Nahwärmenetz. Bei dieser Konstellation halten sich Belastungen durch Transporte von Energiepflanzen, Gülle und Gärresten in vertretbaren Grenzen, da das Stadtgebiet nicht von Transporten tangiert wird.

 

 

Eine Tankstelle, welche Biogas zur Verfügung stellt, würde den Betrieb von Gasmotor-betriebenen Fahrzeugen im Göttinger Raum ermöglichen und damit einen ersten Schritt eines möglichen Innovationsschubs zur Erprobung und Entwicklung von Biogas-betriebenen Fahrzeugen darstellen.

 

 

Dies hätte u.a. eine spürbare Reduktion von Treibhausgasen in Göttingen zur Folge.

 

 

Diese Möglichkeit sollte insbesondere deshalb in Betracht gezogen werden, da am Institut für Agrartechnik in Forschung und Entwicklung an entsprechenden Verfahren gearbeitet wird und damit auf Know How vor Ort zurückgegriffen werden kann.

 

 

Eine im Raum Ellershausen in Planung befindliche Anlage scheint vor allem deshalb förderungswürdig zu sein, weil ein Wärmeverwertungskonzept vorliegt (80% Wärmeabnahme durch eine Hotelanlage), durch welches eine effiziente Nutzung des Biogases möglich wird.

 

5.4    Innovative Forschungsprojekte

 

An der Universität gibt es personelle Kapazität und vitales Interesse für Forschungsaktivitäten auf folgenden Gebieten:

 Planung einer Holzhackschnitzelheizung im Institut für Agrartechnik, eine wissenschaftliche Analyse der Gestehungskette ist geplant.

 

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Teilnehmer der Planungswerkstatt

6    Zusammenfassende Empfehlungen und Ausblick

6.1    Standortvorteile und Chancen

 

Die Stadt Göttingen verfügt im Vergleich mit anderen deutschen Städten ähnlicher Größe über hervorragende Voraussetzungen, um Deutschlands erste „Bioenergiestadt“ zu werden, die einen substantiellen Anteil der verbrauchten Energie aus biogenen Ressourcen deckt sowie in Forschung und Entwicklung von Technologien der Bioenergieerzeugung eine Spitzenstellung in Deutschland einnimmt.

 

Zu diesen standortspezifischen günstigen Voraussetzungen, die in ihrer Summe ein Alleinstellungsmerkmal für die Stadt Göttingen bilden, gehören

 

 

 

 

 

Hinzu kommt, sofern man die beschriebenen Ideen zügig aufgreift und unterstützt, die „Gunst der ersten Stunde“. In den kommenden Monaten kann man mit der zur Zeit vorliegenden Bereitschaft der Landwirte sowie der anderen Interessengruppen rechnen. In wenigen Jahren werden nach heutiger Einschätzung Biomassepotentiale zunehmend vertraglich in Einzelverträgen gebunden werden und damit keine größeren Pläne auf Stadtebene mehr umsetzbar sein.

 

6.2    Empfohlene Entwicklungsleitlinien

 

Strategisch und perspektivisch bieten sich für die Stadt Göttingen folgende drei Entwicklungslinien an, wenn die Stadt zu einem Innovationsareal für Bioenergieforschung und -nutzung werden soll.

 

Praxisprojekte der Bioenergienutzung fördern.

Die Stadtverwaltung sollte zum einen bestehende Projektideen zur Nutzung von Bioenergie ideell unterstützen. Die genannten aktuellen Vorhaben/Ideen wie die Umstellung des Heizwerkes Mitte auf Holzhackschnitzel aus dem Kompostwerk, der Bau der Biogasanlage in Groß Ellershausen mit Wärmeversorgung einer Hotelanlage, einer Biogasanlage am südlichen Stadtrand mit Wärmeversorgung des Kiesseekarrees, oder am nördlichen Stadtrand mit Wärmeversorgung des Wohngebietes am Holtenser Berg könnten so schnell auf den Weg gebracht und damit substantielle Anteile der Göttinger Energieversorgung auf die Basis heimisch produzierter Bioenergie gestellt werden. Auch die Umstellung von Fahrzeugen bzw. der Stadtverwaltung unterstehenden Fahrzeugflotten auf Biokraftstoffe scheint ein sehr aussichtsreicher Weg der Bioenergienutzung zu sein, zumal hier auf die positiven Erfahrungen entsprechender Umstellungen der Fahrzeugflotte des Maschinenrings zurückgegriffen werden kann.

 

 

Wissenschaftlich-technische Aktivitäten zur Forschung auf dem Gebiet der Bioenergie unterstützen.

An der Universität Göttingen laufen in verschiedenen Forschungsabteilungen Untersuchungen auf dem Gebiet der Bioenergieerzeugung, des Energiepflanzenanbaus, der unterschiedlichen Konversionstechnologien oder der sozialen Machbarkeit von Bioenergieprojekten. Dieses Wissenschaftspotential kann intensiver als bislang auch im Stadtgebiet zum Tragen kommen, wenn die Stadt Göttingen ideell und finanziell Forschungs- und Entwicklungsvorhaben unterstützt. So wäre beispielsweise der Einsatz von Brennstoffzellen-Technologie zur Energieerzeugung im Kompostwerk ein wegweisendes und innovatives wissenschaftlich-technisches Konzept. Derartige Forschungs- und Entwicklungsprojekte locken nicht nur Besucher in die Stadt (wie etwa die internationalen Besucherströme im Bioenergiedorf Jühnde zeigen), sondern ziehen mittelfristig auch Spitzenforscher und neue Forschungseinrichtungen in die Stadt. Damit würde die Stadt Göttingen ihren Ruf als Universitätsstadt stärken, und dies auf einem Gebiet, von dem die Stadt selbst unmittelbar profitiert: Im Zuge der wissenschaftlich-technischen Arbeit kann die Stadt zum Nutzer von neuen Bioenergieerzeugungs- und Konversionstechniken werden und somit die eigene Energieversorgung auf ein umweltfreundliche und zukunftsfähige Basis stellen.

 

Austausch Wissenschaft – Praxis fördern.

Als wesentliches Hemmnis für die Entwicklung von Bioenergieprojekten in der Stadt Göttingen wurde von vielen Experten, die im Rahmen dieser Expertise befragt wurden, der mangelhafte, weil nicht institutionalisierte und nicht systematisch geförderte Austausch zwischen Wissenschaftlern und Praktikern genannt.

 

Wie sich in der Planungswerkstatt zeigte, sind viele der beteiligten Experten nicht ausreichend über die komplexen und sich schnell verändernden Zusammenhänge informiert. Praktiker sind kaum informiert, welche wissenschaftlichen Untersuchungen zur Zeit an den Göttinger Forschungseinrichtungen laufen, die Wissenschaftler sind nur unzureichend im Bilde darüber, welche Praxisprojekte zur Zeit im Stadtgebiet Göttingen geplant sind und wie die realen Rahmenbedingungen der Energieerzeugung und -verteilung im Stadtgebiet aussehen. Da es offenkundig schwierig und damit nicht spontan zu erwarten ist, dass sich die verschiedenen Interessengruppen neben den jeweiligen Hauptgeschäften quasi ehrenamtlich um die Vernetzung der unterschiedlichen Perspektiven kümmern, scheint eine Einrichtung wie das vorgeschlagene Kompetenz- und Koordinationszentrum eine notwendige Voraussetzung zu sein, um die entsprechenden Einzelaktivitäten im Stadtgebiet Göttingens zu integrieren.

 

Daher wird konkret vorgeschlagen, (1) in der Verwaltung der Stadt Göttingen einen Zuständigkeitsbereich neu zu schaffen und personell zu besetzen, der sich explizit um die Förderung von Bioenergieprojekten in Göttingen kümmert und (2) Studien und entsprechende Aktivitäten, welche einen Schwerpunkt auf die sozialwissenschaftlich fundierte Zusammenführung der unterschiedlichen Interessengruppen legen, in Fortführung der vorliegenden Expertise finanziell zu unterstützen.

 

 

6.3    Ausblick

 

Mehr als 50% der Weltbevölkerung leben derzeit in städtischen Gebieten, die Tendenz ist weiter steigend. Eines der grundlegenden Probleme heutiger Industriegesellschaften, die Versorgung städtischer Gebiete mit Energie, ist bislang nicht gelöst. Die atomar fossile Energiewirtschaft stößt wegen der Endlichkeit dieser Ressourcen sowie wegen der mit den entsprechenden Technologien verbundenen Risiken und Umweltschäden heute stärker denn je an ihre Grenzen.

 

Die Stadt Göttingen weist zur Zeit hervorragende Potentiale auf, um den intelligenten Einsatz erneuerbarer Energieträger in städtischen Gebieten als dringlich erforderliche Alternative zur konventionellen Energieversorgung zu demonstrieren, indem die bereits existierenden Techniken zur Bioenergieerzeugung im Stadtgebiet eingesetzt werden. Darüber hinaus bieten die in Göttingen bestehenden Forschungseinrichtungen die Möglichkeit, Spitzenforschung zu neuen Anbau-, Logistik- und Konversionsmethoden zur Erzeugung von Energie aus biogenen Ressourcen zu betreiben, welche die innovative Weiterentwicklung bestehender Technologien unterstützen können.

 

Auch die Tatsache, dass im Landkreis Göttingen zur Zeit das erste Bioenergiedorf Deutschlands internationales Interesse weckt und in Kürze weitere Dörfer des Landkreises auf Bioenergie umgestellt werden, eröffnet deutschlandweit einzigartige Synergien: In Stadt und Landkreis Göttingen kann demonstriert werden, wie das Zusammenspiel der Versorgung von ländlichen und städtischen Gebieten mit erneuerbaren Energien intelligent gelöst werden kann. Wenn im Landkreis und in der Stadt Göttingen eine kritische Masse an innovativen Vorzeigeprojekten zur Erzeugung, Konvertierung und Verteilung von Bioenergie erreicht ist, darf von unmittelbaren positiven wirtschaftlichen Effekten für die Stadt ausgegangen werden:

 

·   Ansiedlung entsprechender Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen,

·   Firmen welche entsprechende Techniken produzieren,

·   Internationaler wissenschaftlicher „Tourismus“.

 

Last but not least: Die regionale Wertschöpfung wird massiv gefördert, da riesige Finanzströme, die zur Zeit bei der Bezahlung von importierten fossilen Rohstoffen ins Ausland fließen, in der Region bleiben. Von der Zahlung der entsprechenden Mittel an die heimischen Produzenten der biogenen Rohstoffe sowie von der Produktion und Wartung der für die neuen Energieerzeugungstechnologien nötigen technischen Geräte und Einrichtungen profitiert die regionale Wirtschaft. Analog zu dem deutschen Erfolgsmodell der Entwicklung und Produktion von Windrädern, das deutschen Unternehmen derzeit eine weltweite Spitzenposition sichert und in Deutschland hunderttausende neue Arbeitsplätze geschaffen hat, ist ein ähnlicher Boom bei der Entwicklung des Know Hows und der Technologien für die energetische Nutzung von Biomasse zu erwarten, dessen Zentrum im Göttinger Raum liegen könnte.

 

Damit die Projektpläne und Projektideen, wie sie in dieser Studie in erster Näherung skizziert sind, in die Praxis umgesetzt werden, ist eine Verstetigung der im Laufe dieser Studie ansatzweise entstandenen Kooperation verschiedener beteiligter Interessengruppen erforderlich. Dies kann durch ideelle und auch finanzielle Unterstützung der einzelnen vorgeschlagenen Projekte, insbesondere des Kompetenz- und Koordinationszentrums Bioenergie seitens der Stadtverwaltung in die Wege geleitet werden. Ein sinnvoller erster Schritt wäre die Schaffung eines Zuständigkeitsbereichs innerhalb der Stadtverwaltung, der speziell für die Förderung der Bioenergie zuständig ist.